Rezension Faustomachie

Sehr geehrter Herr Stirn,

ich bedanke mich sehr herzlich für das von Ihnen zugesandte Exemplar der „Faustomachie“. Ich habe es mit Interesse, teilweise sogar Spannung gelesen. Leider muß ich sagen, daß mich das Studium sehr gefordert, so daß ich mich nur selten und dann auch nicht sehr konzentriert nicht-fachlicher Lektüre widmen konnte. Insoweit ist das Bild, das ich von Ihrem Werk habe, ein vorläufiges. Sicherlich wird sich das ein oder andere mir bei einer weiteren Lektüre erschließen.

Sie haben eine Stellungnahme erbeten. Wegen der angesprochenen Vorläufigkeit des Eindruckes und der Tatsache, daß Literatur für mich – ein zwar immer ernster genommenes, aber irgendwie noch in den Kinderschuhen steckendes – Hobby ist, fühle ich mich zu einer Kritik kaum berufen. Ich möchte nur meine Eindrücke schildern.

Zum ersten zum Konzept. Das gefällt mir sehr, trifft meines Erachtens auch Tendenzen unserer Zeit: die Angst vor oder überhaupt die Möglichkeit eines weltinternen Allherrschers, der auf ein menschliches Maß zurückgeholt werden soll, und das mit der Liebe. Für Faustopheles zählt nur noch er selbst, sein Streben, seine Kategorien. Dahinein passen sehr gut seine Kirchenkritik (wobei ich nicht glaube, daß Faustopheles wirklich Atheist ist) seine Unempfindsamkeit gegenüber Leid und Katastrophe.

Was mir auch gefällt ist die Art, in der Sie die moderne Technik in das Werk einflechten.

Der Traum der Femina, wieder Mutter zu sein, ist zu Recht ein Spiegel für heutiges, verdorrendes Familienverständnis, in dessen Mittelpunkt immer mehr die Lustbefriedigung zu rücken scheint. Auch das Ghetto scheint mir ein passender Ort. Was mir persönlich aber nicht gefällt ist die Betonung dieses Ortes in den Szenenüberschriften: Ghetto – Platz im Ghetto – Ghettohaus – Ghettostraße. Es wirkt für mich als etwas gewollte Abkehr von Goethes Titeln, der es aber im Zusammenhang nicht bedarf, da der Schauplatz aus der Handlung klar wird.

Um nochmals auf Faustopheles zurückzukommen. Er ist bei Ihnen Rassist. Das hätte er nicht unbedingt sein müssen, paßt aber dennoch zu ihm. Was mich stört ist folgendes: Ein Mensch, der im Bereich WELT und Universum denkt, der sich selbst zum Allherrscher aufschwingen will, der ist notgedrungen Feind aller. Ihr Faustopheles ist aber spezifischer Judenhasser. Damals wie heute ist Rechtsextremismus von diesem Spezifikum abgerückt; es gibt nur noch Ausländerhass. Diese irgendwie beschränkte Weise des Faustopheles wirkt mir wie ein (nicht nötiger) Anachronismus.

Ein Letztes: Ich bewundere die Art, in der Sie den Versklang Goethes beibehalten, aber mit so anderem Inhalt gefüllt haben. Etwas schwer verständliche Wendungen und Konstruktionen sind dabei in Kauf zu nehmen.

Das sind schlaglichtartig meine Gedanken zu Ihrem Werk, für das ich Ihnen noch alles Gute wünsche,

Ihr Maximilian von Fürstenberg.

Tipp: Zusatzkrankenkasse

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